Kathrin Biffi-Frey

1950 in Baden geboren, lebt seit 1981 in Luzern.

Ausbildung: Kindergärtnerin, Werklehrerin.

Berufstätigkeit: Vermittlung der Papiergestaltung an Ausbildungsstätten für Lehrpersonen und der Erwachsenenbildung.

Künstlerisches Schaffen: Eigenes frei gestalten, Ideen, Gedanken mit Hilfe von handwerklichen Techniken mit Papieren aller Art umsetzen. Die Themen kreisen um Naturphänomene. Bilder, Objekte und Installationen in verschiedenen Dimensionen entstehen.

Das mehrjährige Projekt «Wasser Stein Papier», realisiert im Tessin an der Maggia, wurde in einem Buchprojekt zusammengeführt.

Die aktive Teilnahme in der IAPMA ermöglichte mir Einblicke und Freundschaften mit Kunstschaffenden auf der ganzen Welt.

Ausstellungstätigkeit seit 1993.

Ich suche und finde im Papier meine Sprache….


Preise

  • 2005 1. Preis international Triennale du Papier, Musée du Charmey
  • 1998 FORM FORUM, Preis der Ikea-Stiftung
  • 1996 3. Preis Internationale Papierausstellung Charmey

Publikationen

  • 2015 Wasser Stein Papier, Installationen mit Papier im Flussbett der Maggia
  • 2017 Wandkalender 2018, Schleunungdruck Deutschland

Mitgliedschaften

www. Iapma.info
IAPMA – International Association of Hand Papermakers and Artists

www.visarte.ch
Visarte – Berufsverband Visuelle Kunst Schweiz

www.billingbild.ch
Billing Bild Galerie Baar

www.scherenschnitt.ch
Freunde des Scherenschnittes


Von der kreativen Herausforderung mit industriellen Papieren zu arbeiten

Kathrin Biffi-Frey

Von handgeschöpften Papieren zu den industriellen Papieren

Seit ich mich erinnere schneide ich Papiere-ich glaube ich bin schon im Papier geboren worden. Ich hatte immer Papier zur Verfügung und werkte und verwandelte alles „papierige“ in Spielobjekte.

In meiner Ausbildung zur Werklehrerin entdeckte ich, dass man das Papier selber herstellen kann. Keine Pflanze in meiner Umgebung war sicher vor dem Kochtopf. Jede Pflanze gab ihr eigenes Papier. Die Vielfalt faszinierte mich und die entstandenen Papiere ergaben eine Sammlung. Mein Ziel war es transparente Papiere zu schöpfen.

Nach der handwerklichen Zeit des Papierschöpfens verlagerte sich mein Interesse von der Herstellung von handgeschöpftem Papier hin zu den bereits vorhandenen Papieren im Handel. Die Fragilität und Verletzlichkeit des transparenten maschinell hergestellten Papiers zog mich magisch an und ich verliebte mich in die transparenten Papiere-hatte es wohl etwas mit dem verhinderten Wunsch eine Architektin zu werden? Das einer matten Glasscheibe ähnliche Papier stellte viele Herausforderung; beim Schneiden und erst recht beim Leimen. Alles wurde sichtbar, das kleinste vergehen, für mich das ehrlichste Papier-aber auch das Schwierigste zum Bearbeiten. Nichts liess sich beim Falten, Schneiden, Schichten verstecken und vertuschen. Ich staunte über meine Fähigkeit zum sehr genauen Arbeiten.!!

Im Gegensatz zum steifen glasigen Transparentpapier bot mir das gewachste Papier, als Käsepapier bekannt, die Möglichkeit nur mit den Händen durch knüllen und knautschen meine Spuren und Netze zu legen. Aus einem Papier, ohne Wegschneiden oder Hinzufügen diese sensiblen Bilder herzustellen kann süchtig machen… mit dem veränderbaren Tageslicht wirken die Reliefpapiere sehr meditativ.

Meine Themen kreisten immer um Naturphänomen und Naturbeobachtungen. Ich suchte zu Wörtern und Gedanken einen Ausdruck im Papier. Wo ich auch begann am Schluss gab es immer Netze, Vernetzungen waren es immer.

Die Beschränkung auf nur 2 Papierarten und wenige Techniken wie das Falten, Schneiden und Schichten gaben mir die Möglichkeit einer Vertiefung der Formensprache.

Das kopflastige planen und umsetzen meiner Themen wurde mit dem Projekt Wasser Stein und Papier im Maggiatal aufgelockert. Meine Papiere mussten sich im Strudel und Fluss des fliessendes Wassers bewähren. Nicht alle Ideen lassen sich vom Atelier in die Natur umsetzen. Das Material Papier hat auch seine Gesetze und Grenzen.

Die Vernetzung fand ich auch bei IAPMA. An den besuchten Kongressen machte ich viele Kontakte, lernte neue Kulturen kennen und es gab mir die Möglichkeit das Medium Papier immer auf neue Art zu entdecken.

 

Ich suche und finde im Papier meine Sprache gilt immer noch…….

Wie kommt die Kunst zur Welt

von Gisèle Mengis

Heinrich von Kleist äusserte sich ausführlich «Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden». Umberto Eco stellte uns das «Offene Kunstwerk» vor, welches komplex und vielschichtig ist und in seiner ganzen Anlage nicht Lösungen präsentiert, sondern Gegebenheiten zeigt, die zur Interpretation einladen.

Keine klaren Vorstellungen, keine überwältigende Inspiration also, sondern irritierende Schwebezustände, Momente der Fülle und der Leere sind Voraussetzung für Werke der Kunst.

Solches Schweben zwischen Ahnen und Erfassen kennt auch Kathrin Biffi. Es scheint gerade dieser Zustand zu sein, der sie herausfordert. So lässt sie sich ein auf eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit Material und Form. Aufmerksam und geduldig forscht sie mit Papieren und Schnitten, faltet, zeichnet und setzt Farbe ein, testet Widerstandskraft und beobachtet Veränderungen. Immer lieber wird ihr dabei das Planpapier, mit dem sie als Tochter eines Architekten seit ihrer Jugend vertraut ist. Sie bezeichnet dieses mit Tusche und Bleistift, ritzt mit scharfen Instrumenten die Oberfläche oder beschichtet diese mit Wachs. Vielfach sind solche Eingriffe erst sichtbar, wenn Kathrin Biffi das Papier mit (Öl-)Farbe imprägniert. Bewusst wird dabei zwischen der Vorder- und der Rückseite eines Papierbogens unterschieden. Und noch etwas ist wichtig:
Es wird nicht nur hinzugefügt, sondern oft wird Farbe weggewischt, Papier ausgeschnitten, schabloniert und radiert.

Das Schneiden unterscheidet sich wesentlich vom Falten des Papiers. Klar und eindeutig trennt der Schnitt, während beim Falten das Papier sich zusammenzieht, kleiner wird, also reagiert. Falten verbergen und zeigen, kennen Höhen und Tiefen, Licht und Schatten. Der Papierbogen bleibt als Ganzes erhalten. Schnitte legen bloss, öffnen, entfernen. Beim Schneiden arbeitet Kathrin Biffi mit präzisen Grundmustern:
Wellenformen, Dreiecke, Bänder zum Beispiel. Solche Muster findet sie in der Natur: Wellen des Wassers, auf Sandebenen; Dreieck-Strukturen in Stängeln von Pflanzen, im Schnitt durch Gemüse. Muster können zu Serien gefügt oder in Variationen wiederholt werden.

Kathrin Biffi arbeitet stetig und konzentriert. Sie sucht nach inneren Gesetzmässigkeiten, ringt dem Papier Offenbarungen ab. Sie entdeckt Strukturen, die nicht nur formal interpretiert werden, sondern Beobachtungen im persönlichen Bereich, im sozialen oder psychologischen Kontext darstellen können. So werden sowohl geometrische Netze wie auch organische Wellenformen eingesetzt. Neue Orte können die Wahrnehmung anregen. In den Ferien im Tessin erblickte Kathrin Biffi die Steine in der Maggia auf völlig neue Weise. Hunderten kleiner Inseln gleich lagen sie da, kreisförmig hell leuchtend im dunklen Wasser. Aus dieser Erfahrung entstand eine Reihe von Arbeiten. In den Papierbogen geschnittene, wellenförmige öffnungen geben die Sicht frei auf die darunter liegenden Papiere. Damit ist ein weiterer Schritt im Arbeitsprozess von Kathrin Biffi angesprochen: der Bau dreidimensionaler Objekte aus flachen Elementen wie Papiere, Karton. So entstehen mehrschichtige Bilder, bei denen die Transparenz des Papiers, Perforierungen und Schnitte die verschiedenen Ebenen auf- und durchscheinen lassen. Zarte, fragile Kästchen aus Lagen von fein gefärbtem Papier tönen das Licht, zeigen hellere und dunkle, diffuse und klare Stellen, je nachdem, wie die Lagen durch Schnitt und Zeichnung bearbeitet wurden. Dem Papier werden hier alle seine Qualitäten abgefordert:
Träger zu sein von Zeichnung und Farbe, Licht nicht nur zu reflektieren, sondern auch durchscheinen zu lassen, ganz zu bleiben trotz Schnitten und Falten und zuletzt eine dreidimensionale Form zu stützen. Man betrachtet diese Objekte voll Bewunderung für ihre Klarheit und ahnt gleichzeitig die Geheimnisse, die sie in sich bergen.

Kathrin Biffi wurde für ihr Arbeiten mit hervorragenden Preisen geehrt.

Gisèle Mengis, 2005